Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen – glücklicherweise umgeben von viel Land, Wiesen und einigen Obstbäumen. Auf dem Hof wohne ich schon lange nicht mehr – aber die Apfelernte wollte ich mir diesen Herbst trotzdem nicht entgehen lassen. Ein paar Birnen waren auch dabei.
Meine Großeltern haben den Hof aufgebaut und wohnen dort seit über fünfzig Jahren. Meine Oma sagt, eine so große Apfelernte wie in diesem Jahr, gab es noch nie.
In der Tat haben wir rund ein Tonne Äpfel geerntet: in zarter Handarbeit, mit Pflücken und auf etwas grobere Art mit Schütteln und vom Boden aufsammeln.
Gut, dass wir beim Pflücken Traktor-Unterstützung hatten. Das Hochfahren im Korb bringt nicht nur meinem sechsjährigen Neffen Spaß – sondern auch mir.
Meine „normalen“ Arbeitstage verbringe ich im Büro, wo ich mehr oder weniger den ganzen Tag lang auf einen oder mehrere Bildschirme starre. Die Erntearbeit mit den Händen hat mir richtig gut getan. Früchte, die „einfach so“ gewachsen sind, ernten und in leckere Sachen verwandeln – oder direkt essen – das hat eine fast therapeutische Wirkung und tut der Seele gut. Und wer am Ende eines Erntetages körperlich erschöpft ins Bett fällt, schläft meist besser, als ein überarbeiteter Bürohengst. Denke ich zumindest.
Mein Großvater und mein Vater haben als Schüttel-Hilfe einen Haken an einem langen Mast befestigt, mit dem man schön an den Ästen rütteln, und die reifen Äpfel ernten kann. Klappt auch ganz gut, wenn man sich mit dem kompletten Körpergewicht reinhängt und auf und ab hüpft.
Es ist natürlich praktisch, die Äpfel direkt in einen Anhänger zu schütteln, in dem man dann auch wieder nach Hause fahren kann. Da werden Kindheitserinnerungen wach.
Einen Teil der gepflückten Äpfel (ohne Dellen und faule Stellen) haben meine Eltern und Großeltern in ihrem Apfelkeller eingelagert. Am Vorrat können sie sich noch in mehreren Monaten bedienen. Einige der Äpfel habe ich zu Apfelmus, Apfel-Chutney und Apfelkuchen verarbeitet. Alle drei Rezepte sind ein echter Genuss, was nicht zuletzt an den selbstgeernteten, frischen Äpfeln liegen dürfte, die ich dafür verwendet habe.
Aus dem (großen) „Rest“ der Ernte, wurde in liebevoller Handarbeit der leckerste Apfelsaft aller Zeiten gekeltert – ganz ohne Zusatzstoffe, NUR mit echtem Apfelsaft.
Dafür werden die Äpfel zunächst gewaschen. Ziemlich cool, dass auf dem Hof noch eine alte Waschwanne (ursprünglich für Milchkannen angeschafft) herumsteht.
Die sauberen Äpfel haben wir maschinell grob zerkleinert, in die altmodische Kelter gefüllt und dann mit Muskelkraft zu ökologisch korrektem Saft ausgepresst.
Der frische Apfelsaft wird nun ein bis zwei Tage „ruhen“ gelassen und dann auf 80° erhitzt, bevor er in praktische Kanister abgefüllt und getrunken werden kann.
Fast 500 Liter Apfelsaft haben wir auf diese Weise gekeltert. Ein echter Knochenjob, aber auch sehr befriedigend. Zum einen, weil man die Resultate der eigenen Arbeit schnell sehen kann und zum anderen, weil das Endprodukt einzigartig gut schmeckt. Prost!